Angst- und Panik (Panikattacken)

Zunächst einmal ist Angst ein uns angeborenes, völlig natürliches und sinnvolles Gefühl, das uns vor Gefahr warnt und schützt, indem es uns zur Flucht oder zum Kampf bereit macht. Werden wir bedroht, ist es also völlig sinnvoll, Angst zu haben.
Im Laufe unseres Lebens erlernen wir jedoch auch viele nicht sinnvolle Ängste und es kann passieren, dass die Angst außer Kontrolle gerät. Dann lähmt sie und engt ein, macht unfrei.

Es gibt unterschiedliche Ängste:

  • Phobien: Angst vor bestimmten Örtlichkeiten und Dingen. Das können z. B. Höhen, Tunnel, weite Plätze, enge Räume und auch Tiere sein… Oft gibt es auch mehrere oder gar viele Auslöser.
  • Soziale Ängste: z. B. Angst im Zwischenmenschlichen wie Bindungsangst, Angst vor Kritik oder Misserfolg, vor dem Alleinsein oder vor Autoritäten…
  • Panik: Angst ohne konkrete Auslöser, meist verbunden mit der Angst vor der Angst
Angst und Panik, Symbolbild

Angstsymptome zeigen sich

  • im Körper: wir zittern, die Hände werden feucht, der Blutdruck steigt, wir schwitzen oder frieren, das Herz rast und der Atem wird flach und hektisch.
    Manche Menschen fühlen sich bewegungsunfähig und / oder spüren einen Kloß im Hals, Kribbeln in den Gliedmaßen, Druck oder Stechen in der Brust. Der Mund wird trocken, Schwindel und Übelkeit können hinzukommen, wie auch Harndrang und Durchfall.
  • in den Gefühlen und Gedanken: wir fühlen uns hilflos und stark angespannt, sind nicht mehr in der Lage, uns zu konzentrieren oder klar zu denken. Wir beschäftigen uns nur mit der Vorstellung, was uns jetzt alles Schlimmes zustoßen kann und nicht selten kommt die Angst, sterben zu müssen oder die Kontrolle zu verlieren und verrückt zu werden, hinzu.
  • im Verhalten: In der Folge vermeiden wir alle Situationen, die Angst auslösen könnten. Wir ziehen uns zurück, nehmen Beruhigungsmittel oder trinken Alkohol.

Angstkreis

In der Regel werden Angst und Panik durch Gedanken und innere Vorstellungen ausgelöst:

  • Wir sehen, hören oder erleben eine Situation (Wahrnehmung) und bewerten diese (Gedanken) als gefährlich oder gar lebensbedrohend.
  • Wir fühlen Angst und unser vegetatives Nervensystem reagiert sofort mit den bereits erwähnten Symptomen (Körperreaktion).
  • Um uns selbst zu schützen, vermeiden wir möglichst jegliche bedrohliche Situation (Verhalten) in Erwartung einer erneuten entsprechenden Situation (Wahrnehmung).
    So drehen wir uns förmlich in unserem Angstkreis:

Diesen Angstkreis gilt es zu durchbrechen!

Ursachen für Ängste

Das Durchleben eines traumatischen Ereignisses kann dazu führen, dass wir bestimmte Situationen als gefährlich ansehen. Aufgrund der angstbesetzten Erfahrung rechnen wir mit der Möglichkeit, dass sich diese Situation wiederholen kann und vermeiden fortan möglichst jedes Risiko. Aber auch in der Erziehung können uns Ängste durch überängstliche oder überfürsorgliche Eltern anerzogen worden sein, sodass wir von Klein an bestimmte Situationen in Erwartung eines im Prinzip unbekannten schlimmen Ereignisses vermeiden. Auch dauerhafte Anspannungen, z. B. aufgrund eines extremen Leistungsdrucks im Beruf, Mobbing am Arbeitsplatz oder in der Schule oder auch einer chronischen Erkrankung eines Familienmitgliedes können Ängste hervorrufen, deren Auslöser wir nicht wirklich festmachen können.

In seltenen Fällen können Angstsymptome auch körperliche Ursachen haben, wie beispielsweise eine Schilddrüsenüberfunktion oder eine Störung des Kalziumhaushalts. Daher ist eine ärztliche Abklärung in jedem Fall ratsam.

Angst vor der Angst

Angstgefühle sind sehr unangenehm und daher versuchen wir, sie zu vermeiden. Bei einer Angststörung entwickeln die Betroffenen eine regelrechte Angst vor der Angst: die Angst wird erwartet und allein dies löst wiederum schon Angstgefühle aus. Viele vermeiden in der Folge alles, was angstauslösend sein könnte. Sie gehen nur noch in Begleitung aus dem Haus, verreisen nicht mehr, manche greifen auch zu Medikamenten oder Alkohol.

Die Folgen

In der Folge ziehen sich Betroffene immer weiter aus dem sozialen Leben zurück und vereinsamen. Die Verzweiflung kann so groß werden, dass sie geistig und körperlich regelrecht verkümmern.

Die Angst bekämpfen und überwinden
Je nach Ausprägung der Angst sollten Sie sich fachlich kompetente, therapeutische Hilfe suchen. Ein:e entsprechend ausgebildeter Ärzt:in, Heilpraktiker:in für Psychotherapie oder psychologische:r Therapeut:in unterstützt Sie bei den folgenden Schritten.

Schritt 1:

Erlernen Sie ein Entspannungsverfahren, wie z. B. die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen oder das Autogene Training nach Schultz. Auch die Klopfakupressur hat sich inzwischen sehr gut bewährt. Der Mensch kann nicht gleichzeitig Angst und Entspannung verspüren (= reziproke Hemmung). Haben Sie die Entspannungstechnik gut gelernt und verinnerlicht, können Sie es schaffen, sich sozusagen auf Abruf zu entspannen, was wiederum eine angstvolle Anspannung verhindert.

Schritt 2:

Machen Sie sich zunächst bewusst, dass Ihre Angst nicht durch eine bestimmte Situation entsteht, sondern durch die von Ihnen als gefährlich eingestufte Bewertung dieser Situation. Es sind also Ihre Gedanken, die die Angstgefühle hervorrufen. Betrachten Sie den Zusammenhang zwischen Denken, Fühlen und Verhalten:

Schritt 3:

Als nächstes gilt es den Gedanken herauszufinden, mit dem Sie sich selbst in Angst versetzen. Meist sind es Sätze wie „Bestimmt wird mir das… und das… oder das… zustoßen. Das könnte ich nicht aushalten. Mir wird schwindelig und ich werde ohnmächtig. Dann blamiere ich mich“.
Wenn Sie Ihre entsprechenden Gedanken analysiert haben, überlegen Sie, was Sie sich stattdessen sagen könnten und womit Sie sich selbst gut zureden und beruhigen könnten. Das können Sätze sein wie „Ich bin ganz sicher. Ich spüre, dass ich atmen kann. Ich kann die Angst aushalten, sie ist lediglich unangenehm. Meine Angst wird geringer und geringer, wenn ich mich ihr stelle“.

Schritt 4:

Nun ist es soweit, dass Sie sich den Situationen stellen müssen, die Sie bisher gemieden haben. Notieren Sie alle Situationen, vor denen Sie Angst haben und beginnen Sie mit der leichtesten. Es ist ratsam, dies vor allem zu Beginn nicht alleine zu versuchen. Lassen Sie sich im Rahmen einer Therapie gut auf eine Situationskonfrontation vorbereiten und bei den ersten Konfrontationen von einer Vertrauensperson oder Ihre*r Therapeut*in begleiten.
Wenn Sie in die Situation gehen, erinnern Sie sich daran, dass Sie mit der Situation und den darin aufkommenden Angstgefühlen umgehen können. Wenn die Angstgefühle kommen, sagen Sie sich „Ich weiß, dass jetzt meine körperlichen Reaktionen auftreten werden, weil ich mir bisher stets gesagt habe, dass diese Situation gefährlich ist. Meine Angstgefühle sind nur die Folge meiner Gedanken. Ich kann sie ertragen, denn sie werden vorübergehen. Ich bleibe jetzt in der Situation bis ich ruhiger bin.“ 

Wichtig:

Bleiben Sie solange in der Situation, bis die Angst nachlässt. Wenn Sie vorher flüchten, begeben Sie sich wieder in die alte Struktur und die Angst verfestigt sich weiter. Die Konfrontationstherapie hat nur Erfolg, wenn Sie solange in der Situation verbleiben, bis sich die Angst gelegt hat. Gerade deshalb ist eine Begleitperson sehr unterstützend.
Haben Sie es geschafft, die Situation auszuhalten, machen Sie sich genau das noch einmal bewusst: „Ich habe es geschafft, die Angst zu bekämpfen und zu überwinden. Ich weiß jetzt, dass ich es kann“.
Suchen Sie nun langsam nacheinander alle Situationen Ihrer Liste auf. Aber Achtung: Konfrontieren Sie sich immer erst dann mit einer neuen angstbesetzten Situation, wenn Sie die vorherige auf Ihrer Liste gut bewältigt haben.
Bis Sie soweit sind, kann Ihnen die folgende Akuthilfe bei Angst- und Panikattacken gute Unterstützung bieten. Sie sollte im Vorfeld jedoch schon gut geübt und im Akutfall abrufbar sein:

  1. Beginnen Sie die Übung immer mit einem Druck auf den Herz 7-Punkt*. Diese Handbewegung kann so der im Gehirn verknüpfte „Startknopf“ werden.
  2. Sagen Sie sich selbst: “ Ich bin ganz ruhig. Ich habe alles unter Kontrolle.“
  3. Atmen Sie möglichst durch die Nase ein und durch den fast geschlossenen Mund (= Lippenbremse) wieder aus. Atmen Sie auf diese Weise weiter, wie es Ihnen guttut.
  4. Wenn Sie eine leichte Verbesserung verspüren, lassen Sie den Herz 7-Punkt los.
  5. Ballen Sie die rechte Hand zur Faust – ganz fest – halten Sie die Anspannung – und lassen Sie los – spüren Sie, wie gut sich die Entspannung in Ihrer Hand und im Arm anfühlt.
  6. Ballen Sie nun die linke Hand zur Faust – ganz fest – halten Sie die Anspannung – und lassen Sie los – spüren Sie die wohltuende Entspannung, die sich ausbreitet.
  7. Nehmen Sie jetzt eine aufrechte und selbstbewusste Körperhaltung ein – heben Sie ein klein wenig die Nase Richtung Himmel.
  1. Sagen Sie sich innerlich oder laut mit fester Stimme “ Ich bin sicher – alles in Ordnung – ich bin gesund – mir geht es gleich besser.“
  2. Schauen Sie sich nun um: Was sehen Sie? Was hören Sie?
  3. Schauen Sie, welche Gegenstände in Ihrer Umgebung eine blaue Farbe haben.
  4. Prägen Sie sich alles ein, das blau ist oder in dem die Farbe blau vorkommt.
  5. Wie viele blaue Gegenstände zählen Sie?
  6. Sagen Sie sich: „Es sind … (Zahl) blaue Gegenstände und es ist alles in Ordnung.“
  7. Kennen Sie ein Lied oder eine Melodie, die Sie in eine gute Stimmung versetzt? Dann singen oder summen Sie doch jetzt das Lied / die Melodie.
  8. Wenn möglich, trinken Sie nun etwas und essen vielleicht eine Kleinigkeit.
  9. Sagen Sie sich: „Es ist alles in Ordnung und ich kann diese Übung jederzeit wieder abrufen.“

* Der Herz-7-Punkt

ist ein Akupressurpunkt an der Außenseite des Handgelenks
in der Vertiefung zwischen zwei Sehnen unterhalb des
sogenannten Erbsenbeins (s. Abbildung).

Er kann bei Herzrasen beruhigend wirken.

Bruhigung, Symbolbild

Wichtiger Hinweis: Dieser Beitrag und die Tipps ersetzen nicht den Besuch in der fachärztlichen Praxis. Sollten Sie bemerken, dass die Angst zunehmend Ihr alltägliches Leben beeinträchtigt, suchen Sie bitte in jedem Fall eine:n Fachärzt:in auf. Nur diese:r ist in der Lage, mögliche andere Erkrankungen auszuschließen oder festzustellen und kann eine Diagnose stellen. Wenn fachärztlich eine entsprechende Diagnose gestellt wurde und eine Psychotherapie empfohlen wird, wenden Sie sich an eine:n Heilpraktiker:in für Psychotherapie oder andere psychologische Therapeut:innen mit dem Fachgebiet Verhaltenstherapie. Die oben erwähnten Tipps können Sie dabei wirksam unterstützen.

© Jutta Franke