Angst vor unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie

 

Psychologische Mechanismen – Hamsterkäufe

Die Vorstellung, die Versorgungslage in Deutschland könne knapp werden, löst bei einigen Menschen eine starke Angstreaktion hervor. Deutschland gehört zu den reichsten Ländern der Welt. In den letzten 70 Jahren Frieden haben wir uns daran gewöhnt, gut versorgt und sozial abgesichert zu sein. Für die meisten Menschen gehören Konsum und die Sicherung der eigenen Interessen längst zum tagtäglichen Leben. Sich wirklich einschränken zu müssen, sind viele nicht gewohnt. Jetzt stellen wir fest, dass diese Kontrolle über unsere eigene Sicherheit eine Illusion ist.

In diesem Lernprozess reagieren viele Menschen irrational. Einen sichtbaren Gegner würden wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen. Ein Virus aber stellt eine unsichtbare, nicht fassbare Bedrohung dar. Da wir also nicht unmittelbar kämpfen können, lenken wir uns mit Aktionismus ab. Dieser Aktionismus wiederum nimmt bei einigen Menschen irrationale Züge an: sie horten Vorräte und decken sich mit Schutzmasken und Desinfektionsmitteln ein – und dies zum Teil sogar auf illegalem Weg. Der Gedanke des Miteinanders geht diesen Menschen zeitweise nahezu völlig verloren. Die eigene Versorgung, der eigene Schutz gehen vor.

Gefühle stecken an

Ja, Emotionen haben die Eigenschaft von einem Menschen auf den anderen überzuspringen. Das kennen wir zum einen im positiven Sinne: wenn z. B. jemand herzlich lacht, fangen die Menschen in seiner Umgebung schon bald an zu lächeln oder sie lachen mit, ohne überhaupt den Grund zu kennen. Angst, Panik und Nervosität jedoch haben ebenfalls diese Eigenschaften, auf andere überzugehen. Strahlen wir dagegen Ruhe und Gelassenheit aus, so hat auch dies die Kraft, sich beruhigend auf Mitmenschen auszuwirken.

Tipps:

  • Situation akzeptieren
    Erkennen Sie die Tatsache an, dass es Situationen gibt, die wir nicht kontrollieren oder vermeiden können. Es ist wie es ist.
  • Den eigenen Aktionismus bewusst auf sinnvolle Aktivitäten lenken
    Nehmen Sie Schutzmaßnahmen ernst und halten Sie diese ein. So ist häufiges Händewaschen im Moment eine der harmlosen und zugleich sinnvollen Tätigkeiten. Sie tragen ganz praktisch dazu bei, sich selbst zu schützen und die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.
  • Gegenseitige Unterstützung
    Sich gegenseitig zu unterstützen, hilft gleichzeitig, nicht in Angst und Panik zu verfallen. Helfen Sie anderen, wo und wie Sie können und nehmen Sie Hilfe an, wenn Sie diese brauchen. Verstärken Sie damit das Gefühl des Miteinanders. Übrigens helfen Sie schon, wenn Sie zu viel gekaufte Desinfektionsmittel oder Mundschutze in Ihrer Arzt- oder Therapiepraxis abgeben. Diese wartet nämlich händeringend auf derzeit nicht lieferbaren Nachschub.
  • Mit gelassenen Menschen in Kontakt gehen
    Sie selbst können Nervosität oder einer sich anbahnenden Panik entgegensteuern. Atmen Sie ein paar Mal bewusst und tief durch und realisieren Sie, wo Sie gerade sind und wie es Ihnen gerade wirklich geht. Nehmen Sie mit Hilfe der Kommunikationstechniken Kontakt zu Menschen auf, die in Stresssituationen besonnen und unaufgeregt bleiben. Sollten Sie ein Entspannungsverfahren erlernt haben, so wenden Sie es konsequent durchaus mehrmals täglich an – auch als Prophylaxe. Näheres über den Umgang mit Angst und Panik im Allgemeinen können Sie hier nachlesen: Angst und Panik(attacken)
  • Psychotherapeutische Unterstützung einholen
    Sollten Sie das Gefühl haben, mit Ihren Emotionen nicht ohne therapeutische Hilfe zurecht zu kommen, wenden Sie sich an Ihren Hausarzt / Ihre Hausärztin oder eine/n Psychiater/in.
    Einige psychotherapeutische Praxen – wie auch die Praxis Jutta Franke – bieten ihren bereits in Behandlung befindlichen Klienten und Klientinnen Online-Beratungen für den Notfall an. Fragen Sie nach.
    Weitere Anlaufstellen für psychische Notfälle finden Sie z. B. hier: Adressen für den akuten seelischen Notfall
  • Medienkonsum begrenzen
    Die Medien sind voll von Fotos leergekaufter Supermarktregale. Auch Videos von menschenleeren Straßen und Sicherheitspersonal mit Atemschutzmasken werden gezeigt. Wir werden ununterbrochen mit dem Thema Corona konfrontiert. Diese Bilder verknüpfen sich in unserem Gehirn automatisch mit Katastrophen, die wir bislang nur aus Spielfirmen, den Nachrichten oder Erzählungen alter Menschen kennen.
    Sollten Sie feststellen, dass jede Nachricht über Corona Unruhe oder Besorgnis bei Ihnen auslöst, reduzieren Sie den Medienkonsum. Ein bis zwei Mal am Tag Nachrichten zu hören oder zu schauen genügt völlig.
  • Ablenken durch Beschäftigung
    Wenn Sie aktuell nicht arbeiten können oder dürfen, beschäftigen Sie sich und tun Sie etwas Gutes für sich und Ihre (nicht infizierte) Familie: Sorgen Sie für ausreichende körperliche Bewegung, spielen Sie miteinander. Machen Sie gemeinsam Gymnastikübungen, die Sie kennen. Im Internet finden Sie z. B. auch Anleitungen zu Qi Gong-Übungen, die Bewegung und Entspannung miteinander verknüpfen. Im Moment kommt es nicht darauf an, dass Sie diese Übungen perfekt machen, sie sollen Ihnen in erster Linie guttun.

    Sorgen Sie auch regelmäßig für frische Luft in Ihrer Wohnung, denn diese und der darin enthaltene Sauerstoff lässt Sie wieder klarer denken.

    Tun Sie das, wofür Ihnen sonst immer die Zeit fehlt: lesen Sie ein gutes Buch, schauen Sie einen schönen Film, „misten“ Sie Ihren Kleiderschrank aus, bringen Sie Ihren Garten in Ordnung, basteln, spielen, handarbeiten oder handwerkeln Sie. Sie haben vielfältige Möglichkeiten. Nicht alle müssen ausnahmslos Spaß machen, sondern dürfen auch rein praktischen Nutzen haben.

Wichtiger Hinweis: Dieser Text sowie die erwähnten Tipps erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ebenfalls ersetzen sie nicht den Besuch bei einem Arzt/ einer Ärztin. Sollten Sie sich unsicher sein, ob Sie sich infiziert haben, wenden Sie sich an Ihr örtliches Gesundheitsamt oder Ihren Arzt/ Ihre Ärztin.

© Jutta Franke