Stimmungstief im Lockdown – Was tun?
Frühjahr 2020: Gerade ist ein weiterer Corona-Lockdown in Kraft getreten. Wir sind aufgefordert, unsere persönlichen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, weiterhin Abstand zu halten. Wir dürfen unsere Freunde und nicht im Haushalt lebende Verwandte nur noch einzeln treffen. Wie jede*r Einzelne mit dieser Situation, dem sozialen Abstand zurechtkommt, ist völlig unterschiedlich. Manche schaffen es, sich in den Alleinsein-Zeiten gut abzulenken und zu beschäftigen, andere rutschen in eine depressive Stimmung bis hin in eine Depression.
Am besten ist es natürlich, schon vorzubeugen, bevor uns das Tief erwischt. Doch nicht immer gelingt uns das.
Spätestens wenn Sie bemerken, dass Ihre Stimmung schon ein paar Tage lang gedrückt ist, sollten Sie handeln. Das gilt übrigens auch völlig unabhängig vom Corona-Lockdown. In diesem Fachtext gebe ich Ihnen einige Anregungen, wie Sie damit anfangen können.
Anders denken
Das klingt erst einmal merkwürdig: anders denken. Gedanken kommen doch einfach, wie soll ich sie dann sortieren oder gar ändern können? Glauben Sie mir: es funktioniert! Zunächst einmal geht es darum, das eigene Befinden bewusst wahrzunehmen und dabei betrachten wir unsere Gedanken, unsere Gefühle, unseren Körper und unser eigenes Verhalten.
Hierzu benötigen Sie zunächst einmal nur ein Blatt Papier, einen Stift und ein paar Minuten Zeit für zwei kleine Aufgaben.
Schritt 1 – Wie geht es mir gerade?
Dazu schreiben Sie sich nacheinander auf, welche negativen, aber wenn möglich auch welche positiven Gedanken Ihnen gerade immer wieder im Kopf herumgehen und was für Empfindungen und Gefühle Sie dabei wahrnehmen.
Beispiel negativer Gedanke:
- Gedanke: „Es ist so niederschmetternd, dass ich meine Freunde nicht mehr treffen kann.“
- Damit verbundene Emotion: „Ich bin traurig /frustriert/ ängstlich…“
- Damit verbundenes Körpergefühl: „Verspannung, Schmerzen…“
- Wo genau spüre ich das? „Magendrücken, Wut im Bauch, Übelkeit…“
Beispiel positiver Gedanke:
- Gedanke: „Ich bin froh, dass ich nicht infiziert bin.“
- Damit verbundene Emotion: „Ich fühle etwas Erleichterung.“
- Damit verbundenes Körpergefühl: „Ich kann besser atmen…“
- Wo genau spüre ich das? „Brustkorb weitet sich, Kopf wird freier.“
Das Procedere wiederholen Sie mit allen gravierenden Gedanken, die Sie gerade beschäftigen. Wenn Sie damit fertig sind, geht es weiter mit Schritt 2.
Schritt 2 – Was hängt wie zusammen?
Jetzt wird es ein bisschen kniffliger: Prüfen Sie, welche bislang unbewussten Abläufe sich zeigen:
- Welche Gedanken führen zu welchen Gefühlen und umgekehrt?
- Welche Verhaltensweisen beeinflussen mein Fühlen und Denken positiv?
Jetzt haben Sie schon einiges über sich herausgefunden. Sie haben erkannt, welche Gedanken schlechte Gefühle erzeugen und welche Verhaltensweisen sich positiv auswirken. Letztere schreiben Sie am besten noch einmal separat auf und/oder markieren Sie in Ihren Notizen farbig. Das kann Sie darin unterstützen, sich an den helfenden Verhaltensweisen zu orientieren.
Vielleicht hängen Sie sich einen Zettel mit diesen positiven Gedanken und Verhaltensweisen als Gedächtnisstütze an die Pinnwand
Schritt 3 – Was kann ich für mich tun?
Für viele Menschen ist es beruhigend zu wissen, wie der heutige, der nächste Tag, der Tag danach und ggf. auch die nächste Woche ablaufen wird. Hierbei kann ein Tagesplan helfen. Eine selbst aufgestellte Tagesstruktur zeigt mir, dass ich selbst steuern und beeinflussen kann, was ich wann mache und wie es mir geht.
Hierfür erstellen Sie zunächst eine Liste der Sachen, die Ihnen guttun. Das kann eine körperliche Aktivität ebenso sein wie eine bewusste Entspannungsphase.
Beispiel:
- Spazierengehen
- Heiße Schokolade trinken
- Mit einem*r Freund*in telefonieren
- Entspannungstraining
- Heimwerken
- Joggen
- etc…
Schritt 4 – Tagesplan erstellen
Anschließend erstellen Sie einen Plan, was morgen, übermorgen und an den einzelnen Tagen danach zu machen ist. Planen Sie hierbei unbedingt auch die angenehmen Aktivitäten aus der Liste ein. Gehen Sie hier ruhig anhand eines Stundenplans von Montag bis Sonntag vor.
Maßgeblich ist nicht, wie viel Sie für den Tag planen oder gar ganz viel hineinzupacken, sondern dass Sie sich einen Rahmen schaffen für die Aktivitäten, die Ihnen guttun.
Soziale Kontakte pflegen
Wichtig ist in jedem Fall, dass Sie trotz des Abstandes Kontakt zu Ihren Freund*innen, Verwandten, und Bekannten halten. Damit sind nicht unbedingt die geschrieben Chat-Nachrichten gemeint. Diese können Sie natürlich schreiben. Viel wichtiger ist jedoch, tatsächlich zu kommunizieren. Dies kann nach wie vor telefonisch erfolgen, noch besser eignen sich hierfür jedoch die Video-Calls. Vielleicht entwickeln Sie mit Ihren Freund*innen auch ein Spiel, das Sie trotz Abstand miteinander spielen können. Tauschen Sie sich aus, lassen Sie Ihre Ideen gemeinsam wachsen.
Unterstützende Maßnahmen
Sofern Sie noch kein Entspannungsverfahren gelernt haben, können Sie dies ggf. autodidaktisch z. B. mittels
CD-Anleitungen oder auch in Form eines Trainings erlernen. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter Entspannungsverfahren.
Was Sie außerdem noch tun können, um einer trüben Stimmung entgegenzuwirken, können Sie hier nachlesen: Natürliche Stimmungsaufheller
Wichtiger Hinweis: Dieser Text sowie die erwähnten Hilfen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ebenfalls ersetzen diese Ratschläge nicht den Besuch in einer ärztlichen Praxis. Holen Sie sich lieber einmal zu viel als einmal zu wenig den fachärztlichen Rat ein. Dies gilt vor allem bei suizidalen Gedanken. Sie können sich auch vertrauensvoll an eine*n Heilpraktiker*in für Psychotherapie oder psychologische*n Psychotherapeut*in wenden. Sollte diese*r eine ärztliche Behandlung als erforderlich ansehen, wird sie*r es entsprechend äußern.
© Jutta Franke